Eine Kleinfamilie im Thüringer Eichsfeld: Der Vater war Bergmann im Kalibergwerk in Bischofferode und verlor nach dessen Schließung seine Anstellung; die Mutter, gelernte Erzieherin, arbeitete nach der Wende notgedrungen an der Baumarktkasse. Der Sohn, zu jung, um die Ereignisse zu Beginn der 1990er-Jahre erfassen zu können, kehrt in seine alte Heimat zurück, denn sein Vater liegt mit einer Lungenembolie im Koma. Für ihn ist dies der Anlass sich auf eine Spurensuche in die Vergangenheit, tief in den Berg der eigenen Familienerinnerungen zu begeben. Er möchte herausfinden, wie seine Eltern diese Zeit des Umbruchs erlebt haben und warum sie damit nicht abschließen können. Er stößt auf den Arbeitskampf der Bergleute, auf enttäuschte Hoffnungen und Zeitgenossen, die wie Geister zwischen Vergangenheit und Zukunft keine Ruhe finden: So umreißen beispielsweise Helmut Kohl, Gerhard Schürer und der Treuhand-Direktor für Bergbau Klaus Schucht das historische Umfeld der Wiedervereinigung und des Wirtschaftsumbaus nach 1990. Daneben kommen Treuhandmitarbeiter*innen selbst zu Wort, die von ihrer Arbeit berichten und von ihrer Wahrnehmung dieser Zeit erzählen.
Unter Verwendung dokumentarischer Quellen und anhand zentraler Motive des 1722 Quadratmeter großen Panoramagemäldes »Frühbürgerliche Revolution in Deutschland« von Werner Tübke entwickelte der Dramatiker Thomas Freyer dieses Auftragswerk für das DNT. Er verbindet einen fiktionalen Erzählstrang mit dokumentarischen Quellen zu einem ambivalenten, vielleicht widersprüchlichen Bild der Treuhand und den Auswirkungen ihrer Tätigkeit in Nordthüringen. Ein Bild, in dem konträre Meinungen und Erfahrungen Platz haben. Regisseur Jan Gehler – so wie der Autor in Thüringen aufgewachsen – zeigt hiermit seine erste Arbeit in Weimar.
Kooperation mit dem Landesarchiv Thüringen und dem Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, gefördert von der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen und dem GLS Treuhand e.V.
Der Autor ist Stipendiat der Stiftung Preußische Seehandlung Berlin.
ℹ️ Gleich vier Projekte der Spielzeit 2021/2022 widmen sich miteinander verwobenen Themenkomplexen der jüngeren und jüngsten deutschen Geschichte, die gleichzeitig auf internationale Kontexte verweisen: »438 Tage NSU-Prozess« (Premiere: 25.8.2021), »Plattenbauten – Inseln der Gegenwart« (Premiere: 10.9.2021), »Hannibal« (Premiere: 30.9.2021) und »Treuhandkriegspanorama« (Premiere: 20.1.2022)
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Wir bedanken uns bei der VG Bild-Kunst für die Bereitstellung des Monumentalbildes »Frühbürgerliche Revolution in Deutschland« (Ausschnitte, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Maler: Werner Tübke, Fotograf: Prof. Dieter Leistner)